Was müssen Sie als Arbeitgeber:in nun ändern?

Dienstvertrag NEU

Caroline Forster

Erweiterte Mindestangaben für Dienstzettel 

Am 28. März 2024 trat die Novelle zum Arbeits­vertrags­recht in Kraft. Diese gesetzliche Änderung übernimmt die EU-Richtlinie 2019/1152 über transparente und vorherseh­bare Arbeits­bedingungen ("Transparenz-Richtl­inie") in das österreichische Arbeits­recht. Speziell werden die Anforderungen bzgl. Dienst­zettel inhaltlich erweitert. Während Dienst­zettel in der Praxis ohnehin nur noch in relativ wenigen Betrieben üblich sind, gelten die neuen Vorgaben auch für schriftliche Dienst­verträge. Aus Beweisgründen sind schriftliche Dienst­verträge gegenüber Dienstzetteln zu bevorzugen.

Beachten Sie: Alle ab dem 28. März 2024 neu abgeschlossenen Dienstverträge müssen die neuen gesetzlichen Mindest­angaben enthalten müssen. Es gilt keine Übergangs- oder Vorlaufzeit. "Altverträge", also vor dem 28. März 2024 abgeschlossene Dienst­verträge, müssen jedoch nicht geändert werden.
   
Gesetzliche Mindestangaben 
Die folgenden 15 Punkte stellen die Mindestinhalte für Dienstzettel und Dienst­verträge gemäß AVRAG dar. Bei Lehr­verträgen müssen diese Punkte zusätzlich zu den gemäß Berufs­ausbildungs­gesetz erforderlichen Inhalten berücksichtigt werden. In der linken Spalte sind die bisher bereits erforderlichen Angaben, in der rechten Spalte die neu hinzugekommenen Pflicht­angaben aufgelistet (Klick zum Vergrößern)

Liste der Pflichtangaben bei Dienstzettel/-vertrag inkl. Neuerung ab 28.03.2024
Bei den mit * gekennzeichneten Daten ist gemäß § 2 Abs. 5 AVRAG auch ein Verweis auf die anwendbaren gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Bestimmungen ausreichend.

Die für das Erstellen von Dienst­verträgen verantwortlichen Stellen (intern Personal-/HR-/Rechtsabteilung oder extern Rechts­anwält:in oder Steuer­berater:in) müssen rasch handeln. Der Aufwand für die Anpassung aller verwendeten Muster­dienst­verträge ist nicht zu unter­schätzen.
   
Dienstzettel auch bei kurzen Befristungen und fallweisen Beschäftigten?
Dienstzettel bzw. schriftliche Dienst­verträge müssen künftig unabhängig von der Dauer des Dienst­verhältnisses ausgestellt werden, also auch bei Dienst­verhältnissen mit einer Dauer von unter einem Monat. Diese Änderung wird insbesondere bei fallweisen Beschäftigten eine administrative Heraus­forderung darstellen.
   
Änderungen der Dienstzetteldaten
Gemäß AVRAG muss die/der Arbeit­geber:in seine:n Arbeit­nehmer:innen jede Änderung der Mindest­angaben bzgl. Dienst­zettel unverzüglich, spätestens jedoch am Tag ihres Inkraft­tretens, schriftlich mitteilen (Änderungs­dienst­zettel), außer die Änderung ergibt sich aus
  • einer Änderung von gesetzlichen oder kollektiv­vertraglichen Bestimmungen, auf die verwiesen wurde, oder Änderungen, die Grundgehalt/­Grundlohn betreffen, oder
  • einer dienstzeit­abhängigen Vorrückung in derselben Verwendungs- bzw. Berufs­gruppe des KVs (zB bei einem Biennal­sprung).
   
Sonderregelungen für spezielle Gruppen von Beschäftigten
Freie Dienstnehmer:innen: Auch für freie Dienst­nehmer:innen erweitern sich die Pflicht­angaben für die Dienst­zettel bzw. die schriftlichen freien Dienst­verträge. Zusätzlich zu den bisher erforderlichen Angaben sind nun der Firmen­sitz, eine kurze Tätigkeits­beschreibung, die Art der Entgelt­auszahlung sowie Name und Anschrift des SV-Trägers anzugeben.

Auslandsentsendung: Wenn ein:e Arbeit­nehmer:in länger als einen Monat im Ausland tätig ist, muss ihm/ihr vor der Abreise ein Dienst­zettel bzw. ein schriftlicher Vertrag ausgehändigt werden, der zusätzlich zu den bisherigen Daten den ausländischen Tätigkeits­staat, das im Tätigkeitsstaat geltende höhere Mindest­entgelt, einen allfälligen Aufwand­ersatz und einen Hinweis auf die Website des Tätigkeits­staates enthält.

Überlassene Arbeitskräfte: Gemäß § 11 AÜG sind in der Grund­vereinbarung, die mit einer zu überlassenden Arbeits­kraft abzuschließen ist, zusätzliche Pflicht­angaben erforderlich. Diese entsprechen die im Wesentlichen den zusätzlichen Mindest­angaben lt. AVRAG.

Landarbeiter: Die Änderungen im Land­arbeits­gesetz sind den Änderungen im AVRAG inhaltlich äquivalent. 

Hausgehilfen und Haus­angestellte: Auch im Hausgehilfen- und Haus­angestellten­gesetz gab es gesetzliche Anpassungen, die inhaltlich  an die Änderungen im AVRAG angelehnt sind.
   
Folgen bei Nicht­ausstellung von Dienst­zetteln bzw. schriftlichen Dienst­verträgen
Das Unterlassen der Aushändigung eines Dienst­zettels bzw. eines schriftlichen Dienst­vertrags ist nun erstmals gesetzlich sanktioniert. Dem/der Arbeit­geber:in drohen Verwaltungs­strafen von EUR 100,- bis EUR 436,- und bei mehr als fünf betroffenen Arbeit­nehmer:innen oder wiederholter Übertretung zwischen EUR 500,- und EUR 2.000,-. Die Bezirks­verwaltungs­behörde ist für die Verhängung von Verwaltungs­strafen zuständig, zB aufgrund einer Anzeige eines betroffenen Arbeit­nehmers. Auch wenn mehrere Arbeit­nehmer:innen betroffen sind, handelt es sich nur um eine einzige Verwaltungs­übertretung (keine "Pro-Kopf-Summierung").

Es besteht die Möglichkeit einer "tätigen Reue": Die Bezirks­verwaltungs­behörde kann von der Verhängung einer Verwaltungs­strafe absehen, wenn ein:e Arbeit­geber:in während des Verfahrens Dienst­zettel nachträglich aushändigt und das Verschulden als gering eingestuft wird.
   
Weitere Änderungen im Arbeits­vertrags­recht
Die Novelle zum Arbeits­vertrags­recht bringt auch einige begleitende Änderungen:

Aus-, Fort- und Weiterbildungen: Aus-, Fort- und Weiter­bildungen, die gesetzlich als Voraussetzung für die Ausübung der vereinbarten Tätigkeit gelten, müssen als Arbeitszeit behandelt werden, und der/die Arbeit­geber:in ist verpflichtet, die Kosten (zB Kursgebühren) zu tragen.

Recht auf Mehrfach­beschäftigung: Arbeitnehmer:innen haben gesetzlich einen Anspruch auf Aufnahme anderer Dienst­verhältnisse. Ein:e Arbeitgeber:in kann eine andere Beschäftigung jedoch im Einzelfall dann untersagen, wenn sie
  • nachteilig für die Verwendung des/der Mitarbeiter:in ist, zB bei Konkurrenzierung, oder
  • mit arbeitszeit­rechtlichen Bestimmungen unvereinbar ist, insbesondere bei Über­schreitung der zulässigen Gesamt­höchst­arbeits­zeit.

Strafen, Diskriminierungs­verbot und Motiv­kündigungs­schutz: Es gilt ein ausdrückliches Verbot der Benach­teiligung bzw. Diskriminierung und ein Motiv­kündigungs­schutz:
  • Arbeitnehmer:innen, die ihre Rechte im Zusammenhang mit der Ausstellung des Dienst­zettels, der Mehrfach­beschäftigung oder der Aus-, Fort- und Weiter­bildung geltend machen, dürfen nicht benach­teiligt werden.
  • Wird eine Person gekündigt, weil sie die Ausstellung eines Dienst­zettels oder eine zulässige Mehrfach­beschäftigung verlangt hat, kann sie die Kündigung vor Gericht anfechten. Der/die Arbeit­geber:in ist verpflichtet, derartige Kündigungen auf Verlangen schriftlich zu begründen.

Erstellt: 02.04.2024
Quelle: Kraft & Kronberger Fachpublikationen
Foto: Sora Shimazaki