Urlaubsersatzleistung bei unberechtigtem Austritt
Der Fall, dass Arbeitnehmer ohne Einhalten der Kündigungsfrist und ohne berechtigten Grund aus dem Dienstverhältnis austreten, kommt selten, aber doch immer wieder vor. Der EuGH hat dazu kürzlich festgestellt, dass die vorher gültige Sanktion (Verlust der Urlaubsersatzleistung für das laufende Jahr) dem EU-Recht widerspricht. Nun hat aber der OGH darauf aufbauend festgehalten, dass dem unberechtigt ausgetretenen Arbeitnehmer die Urlaubsersatzleistung nur auf Basis des EU-rechtlichen Mindesturlaubs von vier Wochen jährlich gebührt, nicht auf Basis des Urlaubsgesetzes von fünf bzw. 6 Wochen.
Formel für die Berechnung der „EU-rechtlich zustehenden“ Urlaubsersatzleistung
Vier Wochen Jahresurlaub (= 20 Urlaubstage bei 5-Tage-Woche, 16 Urlaubstage bei 4-Tage-Woche etc.)
./. dividiert durch 365
* mal Anzahl der Kalendertage mit Urlaubsanspruch im aktuellen Urlaubsjahr
- abzüglich der konsumierten Urlaubstage des aktuellen Urlaubsjahres
= zu vergütender Resturlaub
Beispiel: Vollzeitbeschäftigung, fünf Arbeitstage pro Woche, Eintritt 07.01.2022, unberechtigter Austritt am 14.05.2022 (Dienstverhältnisdauer: 128 Kalendertage); zwei Urlaubstage wurden konsumiert.
Lösung: EU-rechtlicher Mindesturlaub von vier Wochen jährlich, bei 5-Tage-Woche daher 20 Urlaubstage:
20 Urlaubstage / 365 * 128 abzüglich 2 verbrauchte Urlaubstage = 5,01 Urlaubstage sind abzugelten
In allen vom OGH bisher entschiedenen Fällen ging es um Dienstverhältnisse, die kürzer als ein Jahr dauerten, dh der Zeithorizont eines Urlaubsjahres wurde nicht überschritten. In diesen Fällen war die Berechnung der lt. EU-Recht zustehenden Urlaubsersatzleistung relativ einfach. Wesentlich komplizierter wird die Berechnung bei mehrjährigen Dienstverhältnissen und wenn zum Zeitpunkt des unberechtigten Austritts noch Urlaube aus alten Urlaubsjahren offen sind. Dabei ist nämlich eine Parallelrechnung des Urlaubs nach österreichischem Urlaubsgesetz – für den abzugeltenden Alturlaub – und des EU-rechtlichen Mindesturlaubs – auf Basis von vier Wochen – erforderlich.
Update Oktober 2022
Die vom OGH vertretene Rechtsansicht wurde in ein Gesetz überführt, somit erfährt die Rechtslage eine Klarstellung.
Stand: 03.10.2022
Quelle: Vorlagenportal
Fotocredit: Mikhail Nilov