Ende Februar kündigte die EU-Kommission einige Änderungen an Teilen des European Green Deals an, um diese für die Unternehmen zu vereinfachen. Davon betroffen sind CSRD, ESRS, EU-Taxonomie und die Lieferkettenrichtlinie CSDDD.
CSRD Vorschläge
- Ein Größenkriterium für die Berichtspflicht wird auf große Unternehmen und Mutterunternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden erhöht, die Schwellenwerte bei Umsatzerlöse (> 50 Mio. EUR) und Bilanzsumme (> 25 Mio. EUR) bleiben gleich. Das Anheben der Mitarbeiter:innen-Zahl als Kriterium erfolgt unabhängig von der Kapitalmarktorientierung.
- Erstmaliger Berichtszeitpunkt: Unternehmen, die ursprünglich die erstmalige Berichtspflicht ab dem Geschäftsjahr 2025 hatten und deren Berichtspflicht nach Anpassung des Größenmerkmals Mitarbeiter:innen-Zahl weiterhin besteht, sollen erst zwei Jahre später berichtspflichtig werden (Berichtspflicht 2028 für 2027).
- Keine Erhöhung der Prüfungsintensität von Limited Assurance/begrenzte Sicherheit auf Reasonable Assurance/hinreichende Sicherheit.
- Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse bleibt weiterhin als Kern der Nachhaltigkeitsberichterstattung erhalten.
- Eine Anpassung des "Value-chain-cap" ist vorgesehen. Berichtspflichtige Unternehmen dürfen somit nur jene Informationen von Unternehmen mit weniger als 1000 Mitarbeiter:innen aus ihrer Wertschöpfungskette verlangen, welche vom VSME Standard umfasst sind. Dieser wurde 2024 von der EFRAG veröffentlicht und soll als Basis für die freiwillige Nachhaltigkeits-Berichterstattung dienen. Durch den VSME Standard soll die Informationseinholung zwischen den Unternehmen begrenzt werden.
ESRS Vorschläge
Die Standards sollen in den nächsten Monaten überarbeitet werden, um das Gesamtwerk zu vereinfachen:
- Genaueres Definieren der Anforderungen
- Reduktion von Datenpunkten und Unterscheidung von freiwilligen und verpflichtenden Datenpunkten
- Priorisieren von quantitativen gegenüber qualitativen Kennzahlen
- Verbessern des Zusammenspiels mit anderen Rechtsvorschriften
- Sektorspezifische ESRS werden gestrichen.
EU-Taxonomie Vorschläge
- Der Kreis der Unternehmen mit Taxonomie-Berichtspflicht wird geändert:
- Vollumfänglich offengelegt müssen die Taxonomie-Angaben nur noch von CSRD-berichtspflichtigen Unternehmen mit Umsatzerlösen > 450 Mio. EUR werden. Eine Angabe des OpEx-KPIs kann bei einem Anteil an taxonomiefähigen Umsätzen von < 25 % der Gesamtumsätze unterbleiben.
- CSRD-berichtspflichtige Unternehmen mit < 1.000 Mitarbeiter:innen können Taxonomie-Informationen freiwillig angeben. Dabei müssen aber die Umsatz-KPI und CapEx-KPI offengelegt werden (OpEx KPI kann entfallen).
- Bei Unternehmen mit < 1.000 Mitarbeiter:innen und Umsätzen < 450 Mio. EUR ist eine vereinfachte freiwillige Taxonomie-Berichterstattung vorgesehen.
- Ein Wesentlichkeitskonzept soll eingeführt werden, auch die DNSH ("Do no significant harm") Kriterien und Meldebögen sollen vereinfacht werden.
- Vereinfachen des Green Asset Ratio (GAR) von Banken durch Entfall der Berücksichtigung von Unternehmen mit <1.000 Mitarbeiter:innen.
CSDDD Vorschläge
- Die gestaffelte Erstanwendung soll um ein Jahr verschoben werden (Juli 2027).
- Die Sorgfaltspflichten sollen sich nur mehr auf direkte Geschäftsbeziehungen fokussieren müssen, nicht mehr auf die gesamte Wertschöpfungskette. Sorgfaltspflichten gegenüber indirekten Geschäftspartner:innen sollen nur dann gelten, wenn konkrete Anhaltspunkte für negative Auswirkungen vorliegen. Unternehmen sollen als Vorschlag von ihren direkten Geschäftspartner:innen vertragliche Zusicherungen einholen müssen, die gewährleisten, dass diese ihrerseits die Einhaltung eines Verhaltenskodex absichern.
- Eine Verpflichtung zu einer Aufkündigung von Geschäftsbeziehungen soll nicht mehr bestehen.
- Das Monitoring von Geschäftsbeziehungen und die Evaluierung der Effektivität der getroffenen Maßnahmen muss nicht mehr jährlich, sondern voraussichtlich nur mehr alle fünf Jahre stattfinden.
- Die zivilrechtliche Haftung soll gestrichen und die Strafen durch nationale Aufsichtsbehörden festgelegt werden.
Wann werden Änderungen konkret umgesetzt?
Die veröffentlichten Vorschläge befinden sich
noch im Entwurfsstadium. Vor der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt muss die Richtlinie noch das Gesetzgebungsverfahren im Europäischen Parlament und dem Rat der EU passieren. Der Entwurf zur Verschiebung der Erstanwendung soll gemäß Vorschlag bis Ende 2025 in nationales Recht überführt werden, während für die Anpassung der inhaltlichen Aspekte eine Umsetzung innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten vorgesehen ist.
Nachdem die bestehende Version der CSRD in einigen Ländern (anders als in Österreich mit der Verspätung des NaBeG) bereits in geltendes Recht überführt wurde, stellt sich dabei die Frage, wie rasch diese eine Adaptierung noch in die nationalen Rechtsvorschriften einarbeiten können, um die faktische Berichtspflicht für 2025 noch zu verhindern. Auch eine Begrenzung des Anwenderkreises und eine Verschiebung der Berichtspflicht durch einzelne Mitgliedsstaaten ist grundsätzlich möglich.
Die Annahme, dass bis zur Umsetzung von Änderungen auf EU-Ebene sechs bis zwölf Monate vergehen können, scheint aus heutiger Sicht realistisch zu sein.
Überlegungen zu den Änderungen
Da die Berichtspflicht gemäß der aktuellen CSRD für die meisten betroffenen Unternehmen bereits seit Anfang 2025 gilt, haben viele Unternehmen europaweit erheblich investiert, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Eine
Benachteiligung durch die ordnungsgemäße Umsetzung der Verpflichtung im Vergleich zu jenen, die sich bislang nicht adäquat darum gekümmert haben, wäre schlecht zu rechtfertigen.
Die neuen Regelungen führen teils zu einer
systematischen Bevorzugung oder Benachteiligung bestimmter Branchen. So würden sozial tätige Organisationen aufgrund ihrer Personalintensität und höheren Mitarbeiter:innen-Anzahl trotz geringerer Umsätze tendenziell weiterhin unter die Verpflichtung fallen, während Unternehmen der Immobilienbranche aufgrund ihrer geringeren Beschäftigtenzahl bei hohem Umsatz von der Berichtspflicht befreit werden könnten.
Da es sich um Vorschläge handelt, sind Adaptierungen im Laufe des Gesetzgebungsprozesses wahrscheinlich. Beispielsweise unterliegt die Erhöhung des Schwellenwerts bzgl. der Mitarbeiter:innen-Anzahl auf 1.000 sicher einigen Diskussionen. Es gibt Indikationen aus den Mitgliedstaaten, dass ein final beschlossener Grenzwert niedriger liegen könnte als der nun vorgeschlagene. Bei allen oben genannten Vorschlägen besteht
noch keine Rechtssicherheit.
Ein zeitlicher Aufschub durch diese oder ähnlich gestaltete Änderungen kommt vielen Unternehmen entgegen, da manche nicht im Zeitplan für die Umsetzung liegen. Allerdings ist das Ausmaß eines Aufschubs sowie eine Änderung der Betroffenheit nicht sicher. Eindeutige Klarheit wird erst in mehreren Monaten erwartet. Aus diesem Grund ist zu empfehlen, dass die aktuelle Situation nicht als komplette Pause oder Stilllegung des Prozesses verstanden wird, sondern eine
mögliche Streckung der Zeit sinnvoll für die Überlegungen und Umsetzung genutzt werden soll.
Die
Aufwertung des freiwilligen VSME Standards soll in die Überlegungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung einbezogen werden. Möglicherweise ist dieser weniger aufwändige Standard jener, der künftig einen großen Teil der bisher CSRD-berichtspflichtigen Unternehmen betrifft. Die Wesentlichkeitsanalyse bleibt auch genauso wie die ESG-Nachhaltigkeitsthemen bei diesem Standard von zentraler Bedeutung.
Stand: 04.03.2025
Quelle: Europäische Union
Foto: Joshua Welch