Änderungen bei steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen

Patrick Vilsecker

Die bisher erleichterten Nachweise der Voraussetzungen für die Steuerfreiheit werden 2020 geändert. Bereiten Sie sich vor:

Eine steuerfreie ig. Lieferung liegt dann vor, wenn Ware aus dem Inland in einen anderen EU-Staat geliefert wird, der Käufer die Unternehmereigenschaft hat, für sein Unternehmen die Ware bezieht und der Vorgang im Empfängerstaat erwerbsteuerbar ist. Darüber hinaus darf der Lieferant nicht Kleinunternehmer sein. In diesem Fall wäre die Lieferung entsprechend der Kleinunternehmerregelung unecht von der Umsatzsteuer befreit. In der Praxis wird der Lieferant die Unternehmereigenschaft des Kunden und den Umstand, dass dieser für sein Unternehmen einkauft, mit dessen gültiger UID-Nr. nachweisen. Der Nachweis für die Verbringung der Ware kann mittels Spediteurs-Bestätigung, Frachtbrief etc. erbracht werden. Die Möglichkeiten des Nachweises der Warenverbringung finden sich in einer Verordnung zum UStG.

Die Rechtsprechung des EuGHs hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass diese Verpflichtungen des Lieferanten für die Erlangung der Steuerfreiheit „gelockert“ wurden. So kann der Umstand der Verbringung in einen anderen EU-Staat auch mittels anderer, nicht in der Verordnung angeführter Nachweise erbracht werden. Häufig wird in diesem Zusammenhang von „Alternativnachweisen“ gesprochen. Das Fehlen einer gültigen UID-Nr. des Kunden führt laut Rechtsprechung des EuGHs nicht zwangsweise zur Streichung der Steuerfreiheit. Die UID-Nr. des Kunden ist lediglich ein Formerfordernis. Das heißt, wenn der Lieferant die Unternehmereigenschaft und den betrieblichen Einkauf des Kunden mittels alternativer Nachweise belegen kann, bleibt es trotz fehlender UID-Nr. des Kunden bei der Steuerfreiheit.

Natürlich wird der Lieferant in der Praxis danach trachten, eine gültige UID-Nr. des Kunden zu erhalten – alle anderen Nachweisführungen sind meist mit wesentlich mehr Aufwand verbunden.

Das Problem, das sich bei einer fehlenden UID-Nr. des Kunden ergibt, ist die dadurch unmöglich gewordene Eintragung dieser Lieferung in die ZM und der dadurch nicht vorhandene, weil „ausgeschaltete“ Kontrollmechanismus der ZM.

Beispiel:
Unternehmer ABC liefert eine große Produktionsanlage für Stahlgebinde an einen in der Branche sehr bekannten französischen Kunden. Von diesem Kunden liegt weder eine gültige UID-Nr. vor noch gibt es die üblichen Transportpapiere.
Ergebnis:
Eine derartige Anlage kann nur unternehmerisch genutzt werden, somit liegt ganz offensichtlich ein Einkauf für das Unternehmen des Kunden vor. Dieser Kunde, der auf den Rechnungen und den Zahlungsbelegen aufscheint, ist ein europaweit bekanntes Unternehmen, die Unternehmereigenschaft ist somit ebenfalls unstrittig. Der Umstand, dass die Anlage nach Frankreich geliefert wurde, kann anhand von Betriebsbewilligungen aus Frankreich erbracht werden. Die Lieferung kann somit trotz fehlender UID-Nr. des Kunden und fehlender Verbringungsnachweise im Sinn der Verordnung steuerfrei belassen werden.


Es wurden nun von den zuständigen Stellen der EU Änderungen beschlossen, die garantieren sollen, dass im Fall einer steuerfreien ig. Lieferung jedenfalls der Empfängerstaat der Ware über diese steuerfreie Lieferung informiert wird.

Konkret wird ab 1.1.2020 eine gültige UID-Nr. des Kunden Voraussetzung für die Steuerfreiheit sein. Diese UID-Nr. darf nicht aus dem Inland (aus dem Abgangsland der Ware) stammen. Hat der Kunde keine oder nur ein UID-Nr. des Abgangslandes der Ware, so darf der Lieferant trotz einer möglichen Unternehmereigenschaft des Kunden nicht steuerfrei liefern.

Weiter ist der Lieferant verpflichtet, diese Lieferung in der Zusammenfassenden Meldung einzutragen. Diese Verpflichtung gibt es bereits, allerdings wird die ZM-Abgabe derzeit als Formvorschrift angesehen – zukünftig ist es eine materiell rechtliche und damit zwingende Voraussetzung für eine steuerfreie Lieferung.

Beispiel:
Unternehmer ABC aus Wien verkauft ein Produkt an seinen deutschen Kunden in München. Die Ware wird nach Deutschland zum Kunden gebracht.
Lösung:
Unternehmer ABC muss vom Kunden die Bekanntgabe einer UID-Nr. verlangen, diese darf nicht eine österreichische (Abgangsstaat der Ware) sein. Neben dem weiterhin notwendigen Verbringungsnachweis ist diese ausländische UID-Nr. des deutschen Kunden zwingende Voraussetzung für eine mögliche steuerfreie Lieferung an den Kunden.


Wird steuerfrei geliefert, muss ABC diese Lieferung in der Zusammenfassenden Meldung eintragen. Geschieht dieser Eintrag nicht, ist die Steuerfreiheit zu versagen.

Neben den beiden genannten materiell rechtlichen Voraussetzungen, die ausländische UID-Nr. und der ZM-Eintrag, wird es ab 2020 zu einer EU-weit einheitlichen Regelung für mögliche Verbringungsnachweise kommen. Diese werden in einer Durchführungsverordnung angeführt und entsprechen weitgehend den bisher möglichen Nachweisen. Neu ist etwa, dass auch Transportrechnungen als Nachweis gelten. Der Lieferant wird jedoch zwei in der Verordnung genannte Nachweise brauchen, die sich nicht widersprechen dürfen.

Unternehmer, die steuerfreie ig. Lieferungen durchführen, sollten bereits im Jahr 2019 Vorsorge für diese rechtliche Änderung treffen. Insbesondere sind eventuell noch fehlende (ausländische) UID-Nr. von Kunden zu ermitteln. Weiter sollte rechtzeitig überlegt werden, ob die zukünftig verlangten zwei Nachweise als Verbringungsnachweis vorhanden sein werden bzw. wo oder von welchen Stellen man diese bekommen wird.

© Bilanzbuchring